Liebe Freunde dieser Seite,
lange habe ich mich hier nicht mehr gemeldet, aber es gab sehr viel Arbeit. In der nächsten Zeit wieder mehr aus der Grafschaft.
Mit Erlaubnis des Autors Günther Gröger darf ich das hier veröffentlichen.
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Wir haben bei der Seligsprechung mit dem Glatzer Bürgermeister und dem Oberkreisdirektor die Hostien zum Altar bringen dürfen.
Gerhard Hirschfelder:
Seliger der Grafschaft Glatz
Feierliche Zeremonie mit Joachim Kardinal Meisner
bei der Seligsprechung in Münster/Westfalen
am 19. September 2010
Auf den Tag genau 12 Jahre nach der Eröffnung des Seligsprechungsprozesses für Gerhard Hirschfelder im Hohen Dom zu Münster erfolgte nun am selben Ort die lang ersehnte Erhebung in den Stand der Seligen zur Verehrung durch die Gläubigen. Papst Benedikt XVI. unterzeichnete am 27. März 2010 in Rom das Dekret und bestimmte die Diözese Münster, die offizielle Seligsprechungsfeier zu gestalten.
Der Hohe Dom zu Münster
Das Gotteshaus trägt den Namen des Völkerapostels Paulus. Insofern besteht ein Bezug zum neuen Seligen, der sich besonders mit den Briefen des Hl. Paulus auseinandersetzte und ihm nacheiferte. In einer Seitenkapelle des Doms ruhen die Gebeine des Kardinals Clemens August Graf von Galen, des Löwen von Münster, ebenfalls ein Widerstandskämpfer gegen die unheilbringenden Lehren der Nazischergen. Kaplan Hirschfelders Ermutigung der Jugend, Christus-Träger zu sein und zu bleiben, wird hier im Kirchenraum durch eine überdimensionale Christophorus-Statue symbolisiert. Ein wahrhaft sinnvoller Ort, den neuen Seligen zu würdigen. Eine Seligsprechung gab es bisher im Bistum Münster noch nicht, insofern bleibt es ein herausragendes Ereignis!
Erster Seliger aus dem Bereich der Grafschaft Glatz
Bisher richtete das Grafschafter Gottesvolk seine Bitten um Fürsprache durch die Jahrhunderte besonders an den seligen Arnestus von Pardubitz, der in Glatz die Schule besuchte und dessen Gebeine in der Dekanatskirche ruhen. Er wirkte als erster Prager Erzbischof (1344), erster Kanzler der Prager Universität (1348) und enger Berater des Kaisers und böhmischen wie auch römisch-deutschen Königs Karl IV., jedoch wurde er nie von der Kirche seliggesprochen.
Für Kaplan Andreas Faulhaber, der während der schlesischen Kriege vom Preußenkönig Friedrich II. 1757 persönlich zum Tode am Galgen verurteilt wurde, weil er angeblich im Beichtstuhl einem Soldaten die Fahnenflucht erlaubt haben sollte, wurde zwar eine Seligsprechung angestrebt, aber nie ausgesprochen. Ein offizielles Verfahren wurde bisher nicht eröffnet.
Lebensdaten des Seligen
Der in Glatz angesehene Kaufmann Oswald Wolff überließ seinen Sohn Gerhard Franziskus Johannes der Mutter Maria Hirschfelder, die ihn am 17. Februar 1907 als ihr einziges Kind zur Welt brachte, während der leibliche Vater Olga Einspenner ehelichte und mit ihr fünf Kinder zeugte. Gerhards Mutter verdiente ihren Lebensunterhalt als Schneiderin. Sie schaffte es, ihrem Sohn mit finanzieller Unterstützung der Pfarrei eine Ausbildung zum Priester zu ermöglichen. Auf eigene Bitte hin erhielt er als uneheliches Kind eine Dispens vom Weihehindernis ab 1983 aus dem Kanon herausgenommen -, durfte allerdings seine Primizmesse am 1. Februar 1932 nicht wie sein mit ihm zusammen geweihter Freund Ernst Heinze – in seiner Heimatpfarrkirche St.-Maria-Himmelfahrt in Glatz feiern, sondern mußte zu den Herz-Jesu-Schwestern im Kurort Bad Langenau ausweichen.
Er wurde in Tscherbeney/Grenzeck Pfarrer Augustin Hauffen als Kaplan zugeteilt und erfüllte seine Aufgaben in der Pfarrei mit 4500 Katholiken zu dessen vollster Zufriedenheit. In väterlicher Zuneigung nannte dieser seinen eifrigen Kaplan sein Hirschla.
Nach der Machtergreifung Hitlers kam es zu immer heftigeren Auseinandersetzungen mit den Nationalsozialisten, vor allem mit dem fanatischen und herrschsüchtigen Ortsgruppenleiter. Ständig wurde der Kaplan überwacht und bespitzelt; es folgten Vorladungen, Verhöre, zunehmend einschränkende Auflagen und gar ein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft in Breslau.
Inzwischen hatte Dr. Franz Monse seine Arbeit als Großdechant begonnen und beorderte ihn im Februar 1939, um ihn vermutlich etwas aus der Schußlinie zu nehmen, nach Habelschwerdt. Dort traf er auf den Stadtpfarrer Dechant Pius Jung, einen Großonkel unseres jetzigen Großdechanten Franz Jung und übernahm zugleich die Seelsorge für die gesamte katholische Jugend der Grafschaft. Er selbst hatte fleißig bei der Jugendorganisation Quickborn mitgearbeitet, dort Anregung und Prägung erfahren, und gestaltete jetzt eine rege Jugendarbeit, mit Fröhlichkeit und Geselligkeit, mit Flöte und Gitarre beim Gruppenunterricht, und er führte Wallfahrten mit mehr als 2000 Jugendlichen durch.
Die Übergriffe und Bedrohungen durch die Nazis wurden immer deutlicher und heftiger, so daß er z. B. auch einmal überfallen und zusammengeschlagen wurde. Die Beobachtungen und Drangsalierungen, die Provokationen und das Mitschreiben der Predigten durch Parteispitzel wuchsen zur Regelmäßigkeit. Nachdem er im Zusammenhang mit der mutwilligen Zerstörung eines Bildstocks der Krönung Mariens in seiner Predigt am 27. Juli 1941 den bekannten Kernsatz an die schändlichen Übeltäter richtete: Wer der Jugend den Glauben an Christus aus dem Herzen reißt, ist ein Verbrecher!, wurde er am 1. August 1941 von der Gestapo ins Gefängnis nach Glatz gebracht, von dort am 15. Dezember 1941 nach einer 14-tägigen Zugfahrt mit 5 Personen in einer Einmannzelle mit einem Zwischenaufenthalt in einer Wiener Haftanstalt am 27.12.1941 unter der Nummer 28972 ins KZ Dachau eingeliefert. Nach einem Jahr voller Demütigungen, bei ungewohnt harter Arbeit, ausgehungert, fast zum Skelett abgemagert, verstirbt der Häftling Gerhard Hirschfelder am 1. August 1942. Die Lagerleitung gab als Todesursache eine Rippenfellentzündung an.
Inzwischen erschienen in deutscher und polnischer Sprache ausführliche Lebensbeschreibungen. Diese können unter den eMailadressen: glatzer-visitatur@t-online.de und frost@netgate.com.pl abgerufen werden.
Überwältigende Teilnehmerzahl
Die feierliche Erhebung Gerhard Hischfelders zur Ehre der Altäre erfolgte am 19. September 2010 im Hohen Dom zu Münster. Wegen der zu erwartenden hohen Anteilnahme wurde die heilige Handlung zeitgleich auf große Bildwände in der Überwasser- und der St.-Lamberti-Kirche übertragen. Diese Maßnahme erwies sich als sehr sinnvoll, denn alle drei Gotteshäuser waren dicht gefüllt! Rund 4000 Gläubige hatten sich hier versammelt.
Zahlreiche Bischöfe, Visitatoren, Prälaten, Priester und Diakone sowie Ordensleute und etwa 40 Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem nahmen an der Feier teil, die vom Metropoliten von Köln, Joachim Kardinal Meisner, geleitet wurde. Alle wurden von Domprobst Josef Alfers herzlich willkommen geheißen.
Das Grün der Bischofsgewänder, das Violett des Domkapitels und der Prälaten sowie die weißen Mäntel der etwa 40 Ordensritter mit dem leuchtend roten Jerusalem-Kreuz und 18 Fahnen ergaben zusammen ein farbenfrohes Bild!
Die festliche Zeremonie
Brausendes Orgelspiel des Domorganisten Thomas Schmitz eröffnete die heilige Handlung.
Die musikalische Ausgestaltung wurde zudem vom Grafschaft Glatzer Chor unter dem Dirigat von Georg Jaschke und dem Grafschaft Glatzer Orchester unter der Leitung von Mona Veit mit der Festmesse von Ignaz Reimann, dem Grafschafter Komponisten aus Albendorf, sowie lateinischen Gesängen der Schola Ludgeriana mit Domkapellmeister Andreas Bollendorf übernommen, ergänzt durch Lieder der Gemeinde aus dem Gotteslob.
Im Altarraum hatten die Münsteraner Bischöfe em. Dr. Reinhard Lettmann, Friedrich Ostermann, Heinrich Timmerevers Platz genommen, dazu die Vertriebenenbischöfe Dr. Reinhard Hauke, Erfurt, und em. Gerhard Pieschl, Limburg, Franz-Josef Overbeck, Essen, sowie die Visitatoren Dr. Joachim Giela, em. Winfried König, Dr. Wolfgang Grocholl, Dr. Alexander Hoffmann, Dr. Lothar Schlegel , ferner unter anderem der Prälat Martin Hülskamp, Münster, und Prälat Helmut Moll, Köln, sowie Franz M. Herzog, Bonn, Leiter der Arbeitsstelle für Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz.
Feierliche
Konzelebration beim Pontifikalamt
Joachim Kardinal Meisner zelebrierte das heilige Meßopfer zusammen mit Bischof Dr. Felix Genn, Münster, Erzbischof Dominik Duka, Prag, Bischof Dr. Ignac Dec, Schweidnitz, Nuntius em. Erzbischof Dr. Erwin Josef Ender, Rom, Bischof Joachim Reinelt, Dresden, und Großdechant Prälat Franz Jung, Münster. Es assistierten die Diakone Johannes Gröger und Ewald Pohl, während Diakon Arnold Bittner bei Ein- und Auszug mit dem Tragekreuz voranschritt.
Der Akt der Seligsprechung
Als das Kyrie aus der Missa de Angelis verklungen war, wurde die offizielle Beatifikation nach der von Bischof Dr. Felix Genn vorgetragenen Bitte und der Vorstellung des neuen Seligen durch Großdechant Prälat Franz Jung von Joachim Kardinal Meisner feierlich verkündet, indem er die Apostolische Bulle vom 14.09.2010 aus Rom verlas, in der Papst Benedikt XVI. kraft seiner apostolischen Autorität Gerhard Hirschfelder zur Ehre der Altäre erhebt. Sein Festtag wird auf den 2. August gelegt.
Daraufhin wurde das 3 x 5 m umfassende Kunstwerk eines Hirschfelder-Porträts enthüllt und eine neugestaltete prächtige Gedächtniskerze entzündet. Auf den Gesang des neugetexteten Hirschfelder-Liedes und die Dankesworte des Bischofs Dr. Genn folgten das Gloria der Festmesse von Ignaz Reimann und die Lesungen.
Eine aufrüttelnde Predigt
Jugendseelsorger von solchem Format möge Gott unserer geplagten Jugend gerade heute schenken. und Bei diesem jungen Priester können auch ältere Priester und Bischöfe in die Schule gehen.
Kardinal Meisner zeigte sich einerseits begeistert von diesem forschen, sympathischen und schwungvollen Jugendseelsorger, andererseits auch von dessen tiefen theologischen Kommentaren zu den Paulusbriefen und den Kreuzwegbetrachtungen, die der Eingekerkerte im Gestapo-Gefängnis in Glatz niederschrieb. Die Liebe Christi drängte ihn über alle Gefahren und Widerstände hinweg.. Sie habe ihm die Tapferkeit, die Energie des Glaubens verliehen, ein Zeuge des Evangeliums zu werden; sie gab ihm die Kraft, alle Vorsicht und Angst zu vergessen und als Prediger mutig anzuklagen: Wer der Jugend den Glauben an Christus aus dem Herzen reißt, ist ein Verbrecher! Mit seinem Gott sprang er gleichsam über Mauern von Angst, Vorurteilen, Feigheiten und Leisetretereien.
Und Gott ließ ihn leiden. Er hat gleichsam die horizontale Lebenslinie
durch die vertikale Gotteslinie durchkreuzt, so daß aus dem Minus seiner Widersacher das Plus seines Zeugnisses geworden ist.
Gerhard Hirschfelder ist durch und durch ein solcher Plustyp.“