Liebe Grafschafter,
lange habe ich nichts Neues im Boten und im Internet geschrieben.
Dafür möchte ich mich entschuldigen, aber die Probleme hier vor Ort hatten mich zur Gänze in Anspruch genommen. Wie vielen bekannt war, hatte der DfK sein altes Domizil in einem Hinterhof ohne Heizung und Toilette aufgegeben und neue Räume bezogen. Die Mitglieder waren bis auf einige wenige, wegen fehlender Angebote und der Öffnungszeiten im Winter, einmal im Monat für zwei Stunden, nicht mehr gekommen. Im März 2010, nachdem auch noch die Vorsitzende gestorben war und Frau Weinhold als Letzte des Vorstandes übrig blieb und gänzlich schließen wollte, habe ich als Vorsitzender mit einem verjüngten und kompetenten Vorstand, den DFK in eine neue Zukunft geführt. Durch den guten Kontakt zu dem Sejmikabgeordneten Herrn J. Golak und dem Bürgermeister aus Glatz haben wir in der Innenstadt, in der Nähe der Polizei neue und adäquate Räume zu einer günstigen Komplettmiete beziehen können.In 2010 gelang es uns dann mit Sponsoren aus Deutschland und Mitgliedsbeiträgen viele Projekte zu realisieren,von Denkmal und Grabpflege deutscher Gräber, Unterstützung der bedürftigen deutschen Rentner in der Heimat, Deutschunterricht für die Nachkommen, Kulturprojekte , Feste und Ausflüge unternommen, um den Zusammenhalt zu unterstützen. Insgesamt für ca. 30.000,- PLN aber von der deutschen Botschaft, die uns hier eigentlich bei unserer Kulturarbeit unterstützen sollte, nicht einen Zloty erhalten, und das trotz mannigfach gestellter Anträge. Wir waren früher Ortsgruppe unter dem DFK Waldenburg und unsere Projektanträge mussten wir dort stellen. Die haben sie dann zur Beurteilung und Begutachtung zum DFK Kreisverband nach Breslau geschickt, die dann nach Oppeln zum Dachverband VDG. Erst danach weiter an die Botschaft, Miete und Bürokosten weiter an die deutsche Stiftung.
Auf diesem Weg sind all unsere Projekte wohl nicht weiter gereicht worden. Nach Rücksprache mit Herrn Gaida, dem Vorsitzenden VDG, also dem Dachverband für die gesamte deutsche Minderheit in Polen, haben wir beim Amtsgericht einen eigenen Verein angemeldet, um die Antragsprozedur zu verkürzen. Plötzlich bekam ich am 16.12.2010 per E-mail die offiziellen Anträge der Botschaft, von denen ich bis Dato keine Kenntnis hatte. Dazu schrieb man, dass auch die formlos eingereichten Anträge berücksichtigt werden könnten. Am 18.12. habe ich dann originale Anträge geschickt, um danach am Telefon zu erfahren, schon am 12.12.2010 seit der Jahresrechnungsabschluss gewesen. Das bringt einen Vorsitzenden zur Verzweiflung! Unsere Registrierung als eigener Verein stellte uns mit den anderen DFK`s auf eine Stufe und es gab keinerlei Probleme aus polnischer Sicht. Das führte aber dazu, das auch die Miete seit Dezember 2010 von der deutschen Stiftung nicht mehr übernommen wurde. Argument war, wir, der Vizevorsitzende und ich gehören nicht zur deutschen Minderheit.
Es gibt Vorsitzende, die als Mittelempfänger auch in der Vergabekommission der Stiftung sitzten und daher in der Lage sind, unsere Zuwendungen zu blockieren. Nun haben wir im Internet, bei Rechtsanwälten Erkundigungen eingezogen und bei der deutschen Botschaft protestiert. Meine Ahnen liegen seit Generationen in Eckersdorf auf dem Friedhof,
meine Eltern sind dort in der Kirche getraut und meine Schwestern getauft worden. Durch Vertreibung wurde ich im Westen gezeugt und bin in der Heimat zurück. Wohl denen die Vertreibung nicht erleben mussten und ich soll nicht zur deutschen Minderheit in Schlesien gehören? Das habe ich ausführlich dem Konsul Brassak bei einer Sitzung erläutert und er hat auf meinen Protest hin, mir einen versöhnlichen Brief geschrieben. Aber was hilft es in unserer Situation? Also stehen wir vor dem finanziellen Aus und werden wieder auf ein Kaffeekränzchen reduzieren müssen, wenn nicht bald etwas Positives passiert. Die beiden Deutschkurse, von unserer Monika Malaszuk geleitet, den Deutschkurs unserer Schülergruppe, geleitet von Heinz-Peter Keuten, zur Erlangung des Zertifikates beim Goetheinstitut und das Schülertreffen mit einer Klasse aus Deutschland sind gefährdet und müssen bis Juni enden, und wenn man schon Pech hat, kommt noch etwas hinzu. Die Stadt Glatz ist hoch verschuldet, deshalb hatte sich unser Freund J. Golak auch nicht zur Wahl des Bürgermeisters gestellt. Der neue muss nun das Tafelsilber verkaufen und damit auch das Haus, in dem wir seit 6 Monaten uns neu eingerichtet haben. Die Kündigung ist zum 15. Juni 2011.
Hätten wir einen Sponsor, der unsere Räume, ca. 145 qm, Innenstadt ebenerdig neben einer Bibliothek für ca. 60.000,- ersteigert und uns dann vermietet, könnten wir dort verbleiben. Die Lage des Bürgermeisters ist ja noch verständlich, denn er steht genau so mit dem Rücken zur Wand wie wir, wenn es um die Finanzen geht. Aber die Behandlung unserer deutschen Administration hier in Schlesien ist ein Desaster und gehört öffentlich gemacht. Als ich die Kündigung der deutschen Stiftung übermittelt habe, sagt eine Mitarbeiterin, ja dann suchen Sie doch ein anderes Vereinslokal!!! Ja, aber bitte erst nach der Zusage der Übernahme der Mietkosten, die uns zustehen. Ein Lichtblick gibt es, denn am 19.4. soll ich zu einem Treffen mit der Stiftung und dem VDG nach Breslau kommen, um die Lage noch einmal zu erörtern, und ich bin eigentlich sicher, dass danach die Mietkosten übernommen werden. Wegen der Gleichbehandlung aller DFK` im ganzen Land und unserer Argumente wird man nicht weiter blockieren können. Der VDG Vorsitzende ist seit der Tagung beim Pastoralrat unser Freund und auf unserer Seite. Kontakte für neue Vereinsräume habe ich genug. Einem Freund gehört das Kaufhaus gegenüber dem Rathaus in Glatz und dort sind Räume zu vermieten. Ein anderer Kollege hat das große Haus gegenüber vom Kloster gekauft. Das ist leer und Etagenweise zu mieten. Ohne finanzielle Zusage werde ich aber keine Verträge unterschreiben können und wenn die Verhandlungen mit der Stiftung nicht positiv verlaufen,werden wir weitere Schritte unternehmen müssen. Briefe an den Bundespräsidenten, den ich in Breslau beim Forum für Politik und Wirtschaft kennengelernt habe, wie auch an Herrn Dr. Berger, Staatssekretär und zuständig für die Minderheiten, mit dem ich wegen des fehlenden Deutschunterrichtes in den Schulen hier in Kontakt stehe, außerdem an Ifa, Agmo und BDV sind von uns vorbereitet. Ich bin aber sicher, da unser Vorgehen bekannt ist, wird es nicht dazu kommen. Wir werden also sehen, ob man uns zum Wohle der deutschen Minderheit in der Grafschaft weiter arbeiten lässt, denn wir können unsere Jugend, die gerade wieder zurückgekommen ist, und die bedürftigen deutschen Rentner nicht allein lassen. Am letzten Samstag haben wir einen Transport Hilfsgüter vom Malteser Hilfsdienst bekommen und die Sachen müssen an unsere Bedürftigen verteilt werden.
Horst Ulbrich
Wir haben nun eine weitere Aufgabe. Mit Eingaben in Berlin werden wir protestieren, dass Kinder der Vertriebenen, die in nächster Generation in der Heimat zurück sind, auch als deutsche Minderheit in Polen anerkannt werden. Damit hatte man wohl vor der Wende nicht gerechnet und daher ein fehlerhaftes Gesetz entworfen. Die Zugehörigkeit war für uns bisher vollkommen klar, und dass wir von der deutschen Administration hier ausgegrenzt werden sollen, empfinden wir Betroffenen als Provokation. Wir sind aber guter Hoffnung, denn nach Europäischer Gesetzgebung, die Minderheiten betreffend, ist nach Aussage einiger Rechtswissenschaftler die Situation nicht ausreichend geklärt. Also wird sich der kleine DFK Glatz auch noch mit der großen Politik beschäftigen müssen. Wir sind um jeden Rechtsbeistand in dieser Frage dankbar.
Euer
Horst Ulbrich
Vorsitzender DFK Glatz