Grafschaft Glatz (Schlesien) Neuigkeiten und Wissenswertes aus Schlesien

16.5.2014

Ostern 2014 in der Grafschafter Heimat und was mir dabei so in die Augen fiel ….

Filed under: Neues aus Schlesien — Horst Ulbrich @ 16:24

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Bild des Heimatdorfes                                                              Auftritt der Zwerge. Eine tolle Idee der Enkel zum Geburtstag.              Gruppenbild der Gäste nach dem Gottesdienst.   Bilder bitte anklicken!

Anreise
Mit meiner Großfamilie – 12 Familien – starteten wir am Karfreitag mit 34 Personen zu einem fünftägigen Sippenfest „eim Hädarfe“, in Heudorf / Sienna, im Glatzer Schneegebirge, am Fuße des Schwarzen Berges, unterhalb des Puhu, wenige Kilometer von meinem Geburtsort Altgersdorf entfernt.

Österliche Erfahrungen
Die Karwoche hat bei der heutigen polnischen Bevölkerung noch eine tiefe religiöse Bedeutung, die durch ein strengeres Fasten und längerfristiges Beten – als bei uns normalerweise üblich – ihren Ausdruck erhält. Der Karfreitag bleibt gelebter Fast- und Abstinenztag, die Nacht zum Karsamstag findet noch eine rege Zahl an Betern/innen, sogar von Vereinen – z. B. der Feuerwehr in Uniform -, die sich zum Gebet zusammenfinden und nach einem festen Plan in der Kirche wachen.
Am Karsamstag strömt eine Vielzahl der Gläubigen, alt und jung, zur Kirche, um vom Priester das Osterfrühstück segnen zu lassen. Zum Weihen sind die Kostproben in geflochtenen Weidenkörbchen, ausgelegt mit bestickten weißen Tüchlein. Eier, Butter, Wurst und Käse, kurzum von allem was es am Ostersonntag zum Frühstück geben soll eine Kleinigkeit. Alle Familienmitglieder bekommen am anderen Morgen etwas von den geweihten Speisen, bevor das Frühstück beginnt. Die Ostereier werden zudem recht kreativ bunt bemalt, mit Texten oder / und Bildern versehen und nicht einfach in unterschiedliche Farben eingetaucht.
Am Ostersonntag schließlich gestaltet man im Kirchenraum ein leeres Grab – symbolhaft aus Packpapier und / oder Tüchern dargestellt -, das auf die Auferstehung Jesu hinweist, was zusätzlich durch eine Figur des Auferstandenen auf dem Altartisch, die mit einer Stola umhängt ist, augenfällig wird.
In den Familien findet man sich zu einem „zeremoniellen“ Frühstück zusammen. Unsere Wirtsleute bescherten uns (ohne Aufpreis!) mit ihrer Familie und dem Personal ein gemeinsames Mahl, das man hierorts – „neudeutsch“ – wohl als „Brunch“ bezeichnen würde. Zur Eröffnung wurde im Stehen gemeinsam das „Vater unser“ gebetet. Daran schlossen sich gegenseitige Segenswünsche an, wobei man ein Stück eines gekochten Eies, das vom Hausvater auf einem Teller gereicht wurde, mit Meerrettich verzehrte und die gegenseitige Zuwendung mit Wangenküssen besiegelte.
Nachdem wir alle Platz genommen hatten, wurde eine Sauermehlsuppe aufgetragen, die auf gekochte Kartoffeln eingefüllt wurde. Dazu gehörten dann noch gebratene Würstchen.
Die Tische waren zugestellt mit Platten, auf denen verzierte Eier, Tomaten, Schinken mit Spargel, Lachs, rote Bete, aber auch Backwaren wie Napfkuchen und Torten den Appetit anregten. Es erwarteten uns vielerlei Gaumenfreuden!
Der gesamte Raum war angefüllt mit österlichen Symbolen, mit Osterhasen, Osterlämmchen, Küken, Blumen und Palmen und bot einen sehr feierlichen Rahmen!
Bildete dieses Brauchtum für uns neue Erfahrungen, so konnten wir den polnischen Bewohnern am Abend unseren Sauerländer Brauch des Osterfeuers nahebringen. Bei den lodernden Flammen sangen wir die österlichen Lieder „Christ ist erstanden“, „Großer Gott, wir loben dich“ und „Wahrer Gott, wir glauben dir“. Der Wirt hatte eine Wanne mit „Krakauer Würsten“ bereitgestellt, die wir in der Glut rösten konnten, dazu Gurken und Brot mit Griebenschmalz. An einem Fäßchen mit dem wohlschmeckenden „Tyskie“ – Gerstensaft konnte sich jeder selbst bedienen. Es war eine Lust!
Familienfeier
Mein achter „runder“ Geburtstag war der eigentliche Auslöser dieses Familienausflugs. Er fiel in die Osterferien, und zwar auf den Ostermontag.
Weil uns der Ortspfarrer Maciej Oliwa zu seinen drei Gottesdiensten zusätzlich nur einen Termin für den Nachmittag einräumen konnte, zelebrierte der Franziskanerpater Rajmund Waclawczik aus Grunwald für uns um 11.30 Uhr in Altgersdorf eine Heilige Messe in deutscher Sprache. Er gestattete uns die Liedauswahl, die aber – für uns überraschend – einleitend von einer Mädchengruppe – gewiß zur großen Freude unserer etwa 20 polnischen Gäste – durch das polnische Lied von der „Schwarzen Madonna“ ergänzt wurde.
Die Fürbitten durfte ich ebenfalls selbst formulieren. Meine Schwester Christel trug sie in Deutsch vor, während ich nach der Teilnahme an
drei Polnischkursen bei der Volkshochschule die Übersetzung in polnisch vorlas.
So handelte ich auch bei der Begrüßung der Gäste im Lokal und war erstaunt, daß man mir versicherte, man habe alles verstanden. Der Franziskanerpater verstieg sich sogar zu der Bemerkung, meine polnische Aussprache sei besser gewesen als das Polnisch von Papst Benedikt XVI.

Mit dem Bus unterwegs
Am Dienstag bildete eine Omnibusfahrt durch den Glatzer Kessel den Abschluß, bevor alle Gratulanten auf unterschiedlichen Routen die Heimreise antraten.
Als erstes Ziel wurde Glatz angesteuert. Unter der Führung von Horst Ulbrich, dem Vorsitzenden des „Deutschen Freundschaftskreises“, besichtigten wir die Minoritenkirche und die raffinierte Deckenausmalung des klösterlichen Speisesaals, gingen über die „Brücktorbrücke“ hinauf zum „Ring“ mit dem Rathaus und der Mariensäule mit den Statuen der „Pestheiligen“, die an die furchtbaren Auswirkungen der Pestepidemie von 1680 (1500 Tote und bereits 1635 mit 4000 Toten) und den Stadtbrand von 1676 erinnert. In den Räumen des DFK berichtete Horst Ulbrich über die vielen erfolgreichen Aktivitäten der inzwischen sich der Zahl 500 nähernden Vereinsmitglieder und lud ein zur deutschen Messe am 27. April, an der meine Frau und ich auch teilnahmen.
Von dort ging unser Weg durch das Nordportal mit den drei Jesuitenheiligen Ignatius (…Ignaz, … „Nazla“), Franz Xaver und Philippus Neri zur prunkvollen Dekanatskirche und stießen dort auf die kurze Verbindungsstraße, die den Namen des Seligen Gerhard Hirschfelder trägt. Über die Arnestus-Stiege blickten wir zum „Jaköble“ am Außenpfeiler, Hinweis auf Glatz als Station auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Der Gang durch die unterirdischen Kasematten zur Festung blieb uns durch ein Schloß verwehrt, so daß wir normal hinaufklettern mussten, um die wechselvolle Geschichte kennen zu lernen und dort den herrlichen Ausblick genießen konnten.
Danach brachte uns der Bus nach Albendorf, dem „schlesischen Jerusalem“. Die großartige Wallfahrtsbasilika löste allgemeines Erstaunen aus. Einige der Enkel erkundeten die Mühsal, die frühere Pilger/innen büßend auf sich nahmen, die überdachten Stufen kniend zu bewältigen, – und sie schafften es! Gemeinsam stellten wir uns in der altehrwürdigen Gnadenstätte mit dem Lied „Segne du, Maria …“ unter den Schutz der Gottesmutter.
Nachdem auch die Kapellen auf dem gegenüberliegenden Berghang bewundert worden waren, brachte uns der Bus zur Heuscheuer. Der Weg zu den „Wilden Löchern“ war wegen Bauarbeiten gesperrt, und die Felsen bei Karlsberg lagen in Wolken. Es regnete zudem, so daß wir nur kurz den „Dinosaurier-Park“ am Fuße des Aufstiegs besuchten und sogleich zum Gebet am Grabe des Seligen Gerhard Hirschfelder nach Tscherbeney weiterreisten. Die Schädelkapelle fand das besondere Interesse unseres Nachwuchses und bildete zugleich den Abschluß unserer Rundfahrt.

Günther Gröger, Altgersdorf

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